Bossing: Was du dagegen tun kannst, wenn der Chef mobbt

FOTO BY Fa Barboza @ UNSPLASH

„Ich war immer der Liebling des Boss. Bis zu dem Tag, als ich ihm erzählte, dass ich schwanger bin. Von da an wendete sich das Blatt. Es folgten Anschuldigungen, Infos wurden zurückgehalten und ich wurde aus Besprechungen, die mich betrafen, ausgeschlossen. Die schlimmsten Monate meines Arbeitslebens folgten.“ Das erzählte mir kürzlich eine Frau in einem Beratungsgespräch. Was sie erlebt hatte, war Bossing.

 

Mobbing am Arbeitsplatz ist ein ernstes Problem, das häufiger vorkommt, als wir vielleicht denken. Es beeinflusst nicht nur die physische, sondern auch die psychische Gesundheit der Mitarbeitenden. Wenn der Chef oder die Chefin mobbt, kann dies besonders belastend sein, da die Mitarbeitenden untergeordnet sind.

Viele Mitarbeitende fühlen sich dann hilflos und wissen nicht, wie sie mit dieser Situation umgehen sollen. Dabei ist es gerade da unerlässlich, ins Handeln zu kommen und nicht schweigend zu leiden. 

Lies hier weiter, wenn du wissen willst, was du tun kannst.

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    Bossing - Was ist das eigentlich?

    Bei Bossing handelt es sich um eine Form des Mobbings, allerdings mit der Besonderheit, dass hier der/die Vorgesetzte mobbt.  Das macht die Sache kompliziert, denn deine Vorgesetzten stehen in der Unternehmenshierarchie über dir. Das bringt dich auf den ersten Blick in eine etwas aussichtslose Position.

    Der Begriff setzt sich aus den Wörtern "boss" (Chef) und "bullying" (Schikanieren) zusammen.

    Bossing kann unterschiedliche Formen annehmen, z. B. das permanente Herabsetzen von Mitarbeitern, das Zudrehen von Informationsflüssen oder das Entziehen von Aufgaben und Verantwortlichkeiten. Oft  startet es unerwartet, wie im Beispiel oben. Ziel des Bossings ist es, die Mitarbeiter zu drangsalieren, zu isolieren und ihnen das Arbeiten so schwer wie möglich zu machen. 

    Das wirklich Fiese am Bossing ist der hierarchische Unterschied. Es ist ein Macht-Ungleichgewicht. Angestellte, die von der Führungskraft gebosst werden, berichten sehr oft davon, dass sie sich als Opfer fühlen. Handlungsunfähig und den Attacken von oben hilflos ausgesetzt.

    Die Definition laut Duden ist: ständiges Schikanieren einzelner Mitarbeiter:innen durch Vorgesetzte (mit der Absicht, sie von ihrem Arbeitsplatz zu vertreiben) 


    Anzeichen von Bossing am Arbeitsplatz

    Wie schon gesagt, handelt es sich hierbei um das Mobbing durch Vorgesetzte, mit dem Ziel die Mitarbeiterin und Mitarbeiter loszuwerden.

    Folgende Attribute findest du beim Bossing:

    • Bossing ist immer hierarchisch (Mobbing von oben nach unten)
      -> es gibt übrigens auch das Gegenteil, wenn Mitarbeitende die Führungskraft mobben, dann ist das Staffing

    • Mitarbeitende werden wiederholt attackiert

    • Es erfolgt über einen längeren Zeitraum
      -> Ziel ist es, das Bossing-Opfer aufzureiben und kleinzukriegen, damit es das Unternehmen oder Abteilung wechselt.

    • Es sind verbale UND non-Verbale Attacken
      -> z. B. keine Einladung zu relevanten Meetings etc.

    Die Führungskraft demonstriert vor den anderen Mitarbeitern, dass der/ die Betroffene “zum Freiwild” erklärt ist. Es kann vorkommen, dass dann auch andere Beschäftigte anfangen, das Opfer zu mobben. Meistens zielt das Bossing auf einen Aufhebungsvertrag oder auf die Kündigung ab.

     

    Mobbing durch den Chef oder Chefin - Was sind die Beweggründe?

    Das ist eine gute Frage. Oft trifft einer der hier aufgeführten Gründe zu:

    Frust
    Die Führungskraft ist selbst genervt ist und lässt den Frust an den Untergebenen oder eben dem oder der Auserwählten aus.

    Druck
    Die Führungskraft bekommt selbst von oben immensen Druck (Umsatzzahlen, Head-Count etc. ) und gibt diesen eins zu eins weiter.

    Unsicherheit
    Die Führungskraft agiert aus einer eigenen Unsicherheit heraus. Sie hat einen geringen Selbstwert und will diesen damit kompensieren, indem sie Macht demonstrieren und so von der eigenen Schwäche ablenkt.

    Neid/Eifersucht
    Nicht selten eifern Manager:innen mit besser qualifizierten Mitarbeitenden. Sie vergessen, dass 60 % ihrer Aufgabe das Führen ist und nur 40 % die fachliche Expertise. Es könnte sein, dass sie sich minderwertig fühlt und das kompensieren möchte.

     

    Ein kleines Potpourri an gemeinen Sprüchen durch die Führungskraft

    Diese Sprüche haben mir KlientInnen erzählt:

    • The world doesn’t stop only because you are married
      (Chefin zur Mitarbeiterin, die nach drei Wochen Flitterwochen nach einem Projekt-update fragt)

    • Oh my God, the blind leading the blind

    • Frau XY, Sie haben Ihre Rolle als Frau noch nicht verstanden
      (Lt.  dieses Bereichsleiters ist es u. a. die Rolle der Frau Kaffee zu servieren…)

    • Herr XY, auch schon kapiert, warum wir hier sitzen?
      (Führungskraft in Teambesprechung)

    • Arbeitest du halbtags oder warum denkst du, um 19 Uhr gehen zu können?

    • Frau XY lange können wir es uns nicht mehr leisten, sie mitzuziehen
      (Vertriebsleiter zu Mitarbeiterin vor versammelter Mannschaft)

    • Mimimi
      (ein Teamleiter äfft im Teammeeting (1 Frau unter Männern) die leise Stimme der Mitarbeiterin nach)

    Bossing ist kein Kavaliersdelikt. Es ist ein Armutszeugnis für die Führungskraft, die ihre Machtstellung ausnutzt.
    — Monika Rörig. FOKUSWerkstatt

    Bossing-Opfer leiden - die Auswirkungen durch das Mobben

    Mit Bossing startet für die betroffenen Mitarbeiter:innen ein Leidensweg, der weitreichende Folgen hat. Nicht nur im beruflichen Leben, sondern auch im Privatleben.

    Das Selbstwertgefühl fällt in den Keller, sie sind antriebslos, niedergeschlagen, quälen sich mit Selbstvorwürfen. Nicht selten denken sie, sie seien selbst schuld. Schlafstörungen oder zunehmende Isolation von der eigenen Familie und Freunden sind nur einige der Auswirkungen von Bossing und Mobbing. Die Lebensfreude schwindet bei Bossing-Opfern und sie verfangen sich in dem Teufelskreis ihrer negativen Gedanken.

    Im Job sind sie verunsichert. Sie fühl4en sich oft ausgegrenzt und trauen sich viel weniger zu. Außerdem haben sieAngst, etwas falsch zu machen und dann wieder den Schikanen der mobbenden Führungskraft ausgeliefert zu sein. Der Arbeitsalltag wird zur gefühlten Hölle. 


    Mobbing am Arbeitsplatz. Was kannst du tun?

    Im Folgenden gebe ich dir meine Gedanken und Tipps, welche Möglichkeiten du hast.

    1. Erlange Klarheit darüber, was du möchtest

    Niemand kann dich zum Opfer machen. Du hast immer Macht über dein Leben und kannst selbst entscheiden, wie du im Fall eines Bossings vorgehen willst.
    Du kannst jederzeit entscheiden, was du bereit bist, zu tun. Welche Schritte du einleiten willst. Was das im Einzelnen sein kann, dazu gleich mehr. 

    2. Raus aus der Opferhaltung

    Zuerst ist es wichtig, dass du dich nicht als Opfer siehst. Das sagt sich so leicht, ich weiß. Werde dir bewusst, dass du zu jeder Zeit handlungsfähig bist.Niemand muss Mobbing und Bossing am Arbeitsplatz einfach so hinnehmen. 

    3. Mach den Mund auf

    bzw. wehret den Anfängen. Sprich deine Führungskraft darauf an, wenn dich die Kommentare verletzen und dir Informationen vorenthalten werden. Suche frühzeitig das Vier-Augen-Gespräch. 

    4. Persönliches Gespräch mit vertrauten Personen

    Rede mit vertrauten Menschen in deinem Umfeld, die dir wohl gesonnen sind. Wenn du alles in dich hineinfrisst, dann verschließt du dich vor anderen. Isoliere dich nicht, sonst beginnt ein Teufelskreislauf.
    Bei direkten Kolleg:innen wäre ich persönlich vorsichtig. Es könnte sein, dass sie sich zurückhalten, weil sie selbst Angst davor haben, das nächste Opfer werden zu können.

    5. Du bist in der Regel nicht das Problem

    Das Problem liegt in der Regel nicht bei dir. Gehe davon aus, dass deine Führungskraft das Problem hat. 

    6. Lerne, mit Stress umzugehen

    Finde eine für dich passende Entspannungstechnik.
    Einige Beispiele: Yoga, Autogenes Training, Mentaltraining, Selbsthypnose, Progressive Muskelentspannung, Meditation, ZEN …

    7. Suche dir Verbündete

    Ein starkes Netzwerk ist Gold wert. Fange heute an, dir ein gesundes Netzwerk aufzubauen und nicht erst, wenn du es brauchst. Ein gutes Netzwerk stützt dich und du findest leichter neue Jobs. Netzwerken heißt jedoch, “Erst geben - dann nehmen”.

    8. Suche dir professionelle Hilfe

    Wenn du alleine nicht weiterkommst, dann lass dich professionell unterstützen. Das kann ein Coach oder Mentor sein. Kontaktiere mich gerne und wir sehen, wie ich dich unterstützen kann.

    9. Kannst du innerhalb deines Unternehmens Unterstützung erhalten?

    Sprich mit den Kolleg:innen in der Personalabteilung. 
    Gibt es im Unternehmen einen Betriebsrat, eine Gewerkschaft und/oder eine Gleichstellungsstelle? Wie sieht es mit der Ebene über deiner Führungskraft aus? Gibt es Personen im Unternehmen, die dich unterstützen können? 

    10. Notiere dir deine Leidensgeschichte und hole dir juristischen Rat

    Sammle kompromittierende E-Mails, Fotos und führe ein Mobbing-Tagebuch. Es ist eine weitreichende Entscheidung, sich auf den juristischen Weg einzulassen, oder nicht. Wie will man Bossing stichhaltig beweisen? Welche Beweise haben vor Gericht Bestand? Hole dir Rat von einer/einem Anwältin/ Anwalt für Arbeitsrecht.
    Bist du physisch dazu in der Lage, den vermutlich längeren Prozess durchzustehen, nachdem du schon eine Bossing-Leidensgeschichte hinter dir hast?

    11. Wechsle in eine andere Abteilung oder das Unternehmen

    Wie sind die Möglichkeiten, innerhalb des Unternehmens die Abteilung zu wechseln? Oder ist es die bessere Alternative das Unternehmen zu verlassen? 



    Mein Fazit

    Kein Unternehmen ist es wert, die eigene Gesundheit aufs Spiel zu setzen.

    Mit erhobenem Haupt zu gehen, ist oft die bessere und gesündere Alternative, statt sich mit „von dem/der lasse ich mich nicht vergraulen“-Parolen auf einen weiten Leidensweg auf Kosten der eigenen Gesundheit, einzulassen.



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